Die welt dreht sich nur noch um Likes und Dislikes
Aktualisiert: 29. Juni 2022
Derzeit lese ich das Buch "Unfog your Mind" von
Leander Greitemann.
Ein Kapitel aus dem Buch heraus, wollte ich hier zu einem Artikel zusammenfassen.
Dieses Thema beschäftigt mich schon sehr lange und ist einfach passend zur heutigen Zeit.
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Unsere Welt ist von Likes und Dislikes, von Beurteilungen geprägt.
Alles was wir tun, wird - noch mehr als in der prä-Internet-Ära - zur konstanten Bewertung durch andere freigegeben:
Was sagt ihr zu diesem Gedanken?
Wie findet ihr mein Outfit heute?
Wie gefällt euch mein Urlaub?
Wie süß ist mein Dackel?
Dieses Phänomen war schon immer Teil unserer Denkstruktur, nur befinden wir uns heute auf einem völlig neuen Level des Vergleichens und Bewertens. Nicht nur das Bewertet-werden bringt negative Gefühle mit sich - auch das ständige Reflektieren über die Likewürdigkeit von Inhalten anderer, programmiert unser Gehirn auf Schubladendenken und Schönheitsideale. In diesem Moment aber ist alles so, wie es ist: Leid, Trennung oder Unzufriedenheit entstehen erst durch unsere Bewertungen und den Wunsch, dass die Welt unseren Vorstellungen entsprechen möge.
Online sehen wir ständig Bilder und Videos von Menschen, die ihre absoluten Lieblingsmomente festhalten als fragmentarische Ausschnitte ihres Lebens.
Verglichen mit unserer Alltäglichkeit gefällt uns unsere Existenz auf einmal nicht mehr so gut. Daraus resultiert schnell die Haltung: »Ich möchte auch nur noch Dinge tun, die ich gerne mag«. Das kann tatsächlich ein guter Impuls sein, das eigene Leben umzukrempeln. Ausschließlich Dinge zu tun, die dir gefallen, gestaltet sich auf Dauer jedoch als ziemlich schwierig. Denn selbst, wenn du den Mut aufgebracht hast, dich endlich selbstständig zu machen oder du nun deinen Traumjob hast, wirst du feststellen, dass du immer noch Mails lesen oder unliebsame Gespräche führen musst. Dabei hattest du es dir so schön vorgestellt: »Ich muss nur einen Job haben, der mir gefällt und dann ist alles in Ordnung« ... Oder du nimmst all deinen Mut und Erspartes zusammen und gehst für unbestimmte Zeit auf Reisen. »Endlich nur noch das tun, was mir gefällt«. Und dann stellst du nach ein paar Wochen im Paradies fest, dass es schon sehr heiß ist auf Dauer und die Leute irgendwie nerven mit ihren good vibes und high fives von morgens bis abends. Es sind nie die Dinge selbst, die uns missfallen, sondern der Vergleich mit dem fiktiven Bild, was wir von ihnen in unserem Kopf erzeugen. Es kann dir also passieren, dass du dir endlich mal wieder Zeit für dich und dein Lieblingshobby nimmst - aber es macht dir heute keinen Spaß.
Dir gefällt nicht die Sache, sondern die Geschichte, die du dir darüber erzählst.
Diese ist nicht nur von Person zu Person verschieden, sondern unterliegt auch deinen täglichen Stimmungsschwankungen. Mit den Montagen ist auch alles in Ordnung soweit; Ein Tag ist ein Tag. Deine Bewertung verwandelt einen Wochentag in das, was er für dich ist.
Ein Perspektivenwechsel könnte sein: »Ich tue nicht nur noch Dinge, die ich mag, sondern ich mag ab jetzt alle Dinge, die ich tue«. Das ist schon wesentlich entspannter als permanent zwanghaft nach Dingen zu suchen, die dir gefallen und alles andere umständlich umgehen zu wollen.
Aber wenn du nun alles mögen musst, was du tust, wird das auch anstrengend.
Alles Egal, was es ist! Aus der Denkweise der Dualität von Likes & Dislikes kann das nicht funktionieren. Wir können Dinge nur in Abgrenzung von ihrem Gegenteil bewerten. Wir wissen nur was Licht ist, wenn wir die Dunkelheit kennen, was gut ist, erkennen wir in Abgrenzung an das Schlechte - Ying und Yang. Und das hat auch etwas Schönes, denn auf diese Weise kommt Farbe in die Welt. Nur durch die Bewertung erzeugen wir eine künstliche Trennung: »Das ist gut, das mag ich! Das bitte lieber nicht!« Wir können Tätigkeiten nur positiv bewerten, wenn wir sie vom Negativen absetzen. Mit dem Satz »mir gefällt alles, was ich tue« bist du weiterhin in der Welt von Likes und Dislikes, im Universum der Trennung verankert. Manchmal hast du einfach keine Lust. Da hilft alles positive Denken der Welt nichts.
Ein echter Paradigmenwechsel würde lauten: »Ich tue das, was ich tue.« Es klingt zunächst simpel, kann aber die Welt verändern. Wenn du dich entscheidest etwas zu tun, dann mach es mit all deiner Aufmerksamkeit und ohne Bewertung! Es ist das Beste, was du im jetzigen Moment tun kannst. Der Beweis dafür? Du tust es gerade! Aktuell ist es das Lesen dieses Artikel, später vielleicht ein Spaziergang mit deinem Liebsten (Hund, Freund oder Lebenspartner) und morgen Früh das Sortieren von Belegen für die Steuererklärung. I like everything like-wise! Wenn ich es tue, gefällt mir alles gleichermaßen.
Das ist die weise Art und Weise Likewise
Herausfordernd wird das Likewise-Mindset, wenn wir empfundene Schicksalsschläge durchleben. Doch konsequent gedacht ist jede Katastrophe zunächst hauptsächlich eine Krise in der Wahrnehmung, eine Bewertungskrise. Vor allem die Annahmen über die Zukunft malen wir oft in den dunkelsten Farben. Wir geben dieser Lebenssituation ein Dislike, weil sie anders gekommen ist, als wir uns das gewünscht haben. Doch Untersuchungen zeigen, dass selbst Menschen mit Nierenschäden und Dialysebehandlung (9 Stunden Blutwäsche im Krankenhaus pro Woche, stark kontrollierte Nahrungsund Flüssigkeitsaufnahme) im Durchschnitt nicht mehr oder weniger glücklich sind, als Menschen ohne Dialyse. Dazu kommt, dass die größten Katastrophen im Leben sich Jahre später oft als glückliche Fügung des Schicksals präsentieren, wenn wir genau hinschauen.
Likewise-Spaziergang
Mache einen meditativen Spaziergang und versuche alle Dinge unvoreingenommen wahrzunehmen. Wenn du bemerkst, dass du Likes verteilst, komme wieder zur neutralen Beobachtung zurück. Auf diese Weise gönnst du dir etwas bewertungsfreie Zeit und dein Gehirn lernt, urteilsfrei wahrzunehmen.
Wenn du schon dabei bist, dich von der Bewertung von Dingen frei zu machen, gehört dazu konsequenterweise, dich nicht zu sehr durch die Beurteilung durch andere verunsichern zu lassen.
Wenn dir die Bewertung durch andere zu bunt wird – on oder offline - folge dem Rat der Band Deichkind aus dem Song, der zugleich Namensvetter dieses Lifehacks ist:
Gefällt mir, dass dir das nicht gefällt! Klappe zu, Stecker ziehen, raus in die Welt.
